Maryland – Mitten im dichten Waldgebiet von Laurel, Maryland, liegt ein verfallenes Gebäude, das einst als Zufluchtsort für psychisch kranke Menschen gedacht war, aber zu einem Symbol für Vernachlässigung und Missbrauch wurde: das Forest Haven Asylum. Die verlassene psychiatrische Anstalt ist heute ein gruseliges Denkmal, das die Schattenseiten des amerikanischen Gesundheitssystems widerspiegelt. Die Geschichte von Forest Haven ist nicht nur eine Geschichte des Scheiterns, sondern auch ein Blick auf die damaligen Ansichten über die Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen.
Die Eröffnung von Forest Haven
Forest Haven wurde 1925 eröffnet und war Teil eines großen psychiatrischen Netzwerks in den Vereinigten Staaten, das zu jener Zeit geschaffen wurde, um psychisch kranke und geistig behinderte Menschen zu behandeln und zu betreuen. Die Anstalt befand sich auf einem 200 Hektar großen Gelände und war als modernes Behandlungszentrum geplant, das seinen Patienten Erholung und Rehabilitation bieten sollte. Der Name „Forest Haven“ deutet auf die ursprüngliche Absicht hin: Ein Rückzugsort in der Natur, an dem Patienten Heilung und Frieden finden sollten.
Die Anlage war für Menschen mit verschiedenen psychischen Störungen und geistigen Behinderungen konzipiert. Ursprünglich gab es eine recht hohe Zahl an medizinischem und pflegerischem Personal, das sich um die Bedürfnisse der Patienten kümmerte. Forest Haven beherbergte in seiner Blütezeit bis zu 1.300 Patienten, und viele davon lebten über Jahre oder sogar Jahrzehnte dort.
Zu Beginn war die Einrichtung Teil eines allgemeinen Trends in den Vereinigten Staaten, Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen von der Gesellschaft zu isolieren. Solche Institutionen entstanden häufig in ländlichen Gebieten, fernab von den Großstädten. Es wurde geglaubt, dass Patienten in der Abgeschiedenheit besser behandelt werden könnten, fern von den Ablenkungen des städtischen Lebens.
Der langsame Niedergang
Obwohl die Absichten hinter Forest Haven möglicherweise positiv waren, begann der Niedergang der Anstalt bereits in den 1960er Jahren. Die Gründe dafür sind vielfältig, und einige dieser Faktoren spiegeln größere Probleme im Gesundheitssystem der Vereinigten Staaten wider. Einer der Hauptgründe für den Verfall war die mangelnde Finanzierung. In den 1950er und 1960er Jahren gerieten viele psychiatrische Anstalten in finanzielle Schwierigkeiten, als die Staaten begannen, weniger Geld für die stationäre Versorgung psychisch kranker Menschen bereitzustellen. Dies führte zu Personalmangel, schlechter Wartung der Einrichtungen und vernachlässigten Patienten.
Ein weiterer Faktor war die sogenannte „Deinstitutionalisierung“, die in den USA in den 1960er Jahren begann. Dies war eine Bewegung, die darauf abzielte, Menschen mit psychischen Erkrankungen aus den überfüllten und oft schlecht geführten Anstalten zu entlassen und sie in ambulante Programme oder Pflegeeinrichtungen zu integrieren. Diese Idee basierte auf der Vorstellung, dass Menschen mit psychischen Störungen besser in der Gemeinschaft leben könnten, anstatt in großen Institutionen untergebracht zu sein. Doch während die Idee im Kern gut war, war die Umsetzung oft problematisch. Die nötigen Unterstützungsdienste in den Gemeinden waren häufig unzureichend, was dazu führte, dass viele der ehemaligen Patienten obdachlos oder unversorgt blieben.
Bei Forest Haven führte dies dazu, dass die Anzahl der Patienten zwar abnahm, aber die verbliebenen Patienten oft in überfüllten Räumen untergebracht wurden. Es fehlte zunehmend an qualifiziertem Personal, und die Patienten wurden zunehmend vernachlässigt.
Missbrauch und Vernachlässigung
Der langsame Verfall von Forest Haven führte schließlich zu weit verbreiteter Vernachlässigung und Missbrauch der Patienten. Ab den 1970er Jahren häuften sich die Berichte über Misshandlungen und schlechte Bedingungen in der Einrichtung. Viele der Patienten, darunter auch Kinder konnten sich nicht selbst verteidigen. Es gibt zahlreiche Berichte über unzureichende medizinische Versorgung, körperliche Misshandlung und Vernachlässigung.
Ein besonders erschreckender Aspekt war die medizinische Behandlung in Forest Haven. Die Einrichtung war schlecht ausgestattet, und viele Patienten erhielten keine angemessene medizinische Betreuung. Es wurde berichtet, dass einige Patienten in ihrem eigenen Kot und Urin lagen. Einige Patienten wurden ans Bett gefesselt oder in Zwangsjacken gesteckt, und es gab wenig bis gar keine Bemühungen, therapeutische oder rehabilitative Behandlungen anzubieten.
In den späten 1970er Jahren wurde gegen die Einrichtung geklagt, und die Öffentlichkeit erfuhr von den katastrophalen Bedingungen, unter denen die Patienten lebten. Dies führte zu einer verstärkten Überwachung und zu mehreren Untersuchungen durch Bundes- und Landesbehörden. Im Jahr 1976 reichte eine Gruppe von Eltern, deren Kinder in Forest Haven untergebracht waren, eine Klage ein, die zu einer gerichtlich angeordneten Reform der Einrichtung führte. Dennoch änderte sich nur wenig, und die Misshandlungen setzten sich fort.
Die Schließung von Forest Haven
Die Zustände in Forest Haven verschlechterten sich im Laufe der Jahre immer weiter, bis die Einrichtung schließlich 1991 geschlossen wurde. Der Druck von Menschenrechtsgruppen, betroffenen Familien und der Öffentlichkeit hatte schließlich zu einer endgültigen Untersuchung der Praktiken in der Anstalt geführt. Bei dieser Untersuchung stellte sich heraus, dass über 100 Todesfälle, die in Forest Haven aufgetreten waren, auf direkte Misshandlung oder Vernachlässigung zurückzuführen waren. Viele dieser Todesfälle wurden durch Erstickung verursacht, da Patienten unsachgemäß ernährt wurden oder medizinisch nicht überwacht wurden.
Nach der Schließung von Forest Haven wurden die verbliebenen Patienten in andere Einrichtungen oder Programme für betreutes Wohnen verlegt. Die Gebäude der Anstalt verfielen, und heute ist Forest Haven ein verlassener Ort, der von Abenteurern, Fotografen und Geisterjägern aufgesucht wird. Die meisten der alten Gebäude sind stark verfallen, und das Gelände ist von Vegetation überwuchert.
Geisterhafte Ruinen und urbane Legenden
Die Überreste von Forest Haven haben im Laufe der Jahre eine Art Kultstatus erlangt. Das verlassene Gelände zieht heute Abenteurer und sogenannte „Urban Explorers“ an, die verlassene Gebäude und Orte erkunden. Viele der Gebäude sind jedoch einsturzgefährdet, und es gibt zahlreiche Berichte über Unfälle und Verletzungen von Menschen, die das Gelände betreten haben.
Besonders berühmt sind die Aufnahmen von verlassenen Rollstühlen, Krankenakten und medizinischen Geräten, die in den Ruinen zurückgelassen wurden. Diese Relikte geben einen Einblick in das düstere Ende einer Einrichtung, die einst als Heilungsort gedacht war.
Mit der Zeit haben sich um Forest Haven auch zahlreiche urbane Legenden und Geistergeschichten entwickelt. Viele Menschen berichten, dass sie beim Besuch des Geländes unheimliche Geräusche gehört oder gespenstische Erscheinungen gesehen haben. Die Vorstellung, dass die Geister der vernachlässigten Patienten immer noch über das Gelände wandern, ist zu einer populären Erzählung geworden.